Dienstag, 5. April 2011

Zwischenruf: Philipp Rösler - ein kluger Kopf für die Nach-Westerwelle-Zeit

Guido Westerwelle war der Vorsitzende, wegen dem ich in die FDP eingetreten bin. Nein, nicht der FDP-Vorsitzende (das war 1986 der eher jugendabschreckende Bangemann), sondern der Jungliberalen-Chef. Er beantwortete die schriftlichen Fragen des jungen Schülerzeitungsredakteurs Oliver Stirböck prägnanter und interessanter als seine Bundesvorsitzendenkollegen der anderen Jugend-Parteien. Und vor allem, dass die Jungen Liberalen anders als Junge Union und Jungsozialisten gesellschaftspolitische und wirtschaftspolitische Freiheiten hoch hielten, überzeugte mich damals. Junge Union, das war schrecklich konservativ, das ging gar nicht. Und die Jungsozialisten waren so antikapitalistisch, dass der sicher nicht als liberaler Ordnungspolitiker politisch geborene Schülerzeitungsredakteur damit überhaupt nichts anfangen konnte. Naja. Und dann war die FDP auch noch die Genscher-Partei und der hatte gerade, nach dem Verzicht auf den Parteivorsitz, seinen zweiten politischen Frühling. 25 Jahre später ist Guido für mich der zweimal gewesene Vorsitzende. Und auch wenn ich zuletzt der Überzeugung war, es geht nicht mehr, bleibt er für mich wohl einer der besten Vorsitzenden, wenn nicht der beste Vorsitzende, den die FDP in den letzten 25 Jahren hatte. Politik war übrigens schon immer ziemlich undankbar: bei der damaligen Urwahl des Bundesvorsitzenden der JuLis wählte ich 1987 dann den erfolglosen Gegenkandidaten von Westerwelle. Irgendwie war uns "Guido Dauerwelle" - so der damalige Juli-Spott - seinerzeit zu schnöselig. Ich gebe zu, später habe ich diese Wahlentscheidung bereut.

Philipp Röslers Talent war früh zu spüren. Ich erinnere mich sehr gut an eine Sitzung eines Bundesarbeitskreis  der Jungen Liberalen im "Raum Düsseldorf", in der ich ihn (als damaliger Bundesprogrammatiker der JuLis) seinerzeit erstmals erlebte. Es dürfte einer seiner ersten überregionalen Auftritte gewesen sein. Ich war von seiner argumentativen Fähigkeit und gedanklichen Klarheit überrascht. Schnell setzte er sich als Landesvorsitzender der Jungen Liberalen durch, was ich damals als sachgemäße Entscheidung des Landeskongresses empfand. Nie wäre ich aber auf den Gedanken gekommen als stünde da mal der künftige Bundesvorsitzende der FDP. Die jungen Westerwelles, Dammermanns und vielleicht auch Dörings in ihren frühen Jahren hätte man immer viel eher auf einer solchen Position vermutet. Denn die von den Medien verbreiteten Klischees stimmen: Philipp drängte sich nie aufdringlich in den Vordergrund - insofern ist er ein Gegenbild zu den Westerwelles. Auch war er nicht oberster Strippenzieher. Allerdings: er hatte immer seine Förderer - wie etwa in der FDP Walter Hirche, sein Vorgänger als Landesvorsitzender der Landes-Freidemokraten.

Der Wiedereinzug der FDP in den niedersächsischen Landtag nach vielen Jahren außerparlamentarischen Opposition spülte dann Philipp und eine außergewöhnlich lange Reihe anderer intelligenter JuLis seiner Generation in das Niedersachsen-Parlament. Seitdem war er für mich eher ein Zeitungsphänomen. Die Berichte über seine freie Jungfernrede als Fraktionsvorsitzender erfreuten mich. Bei manchem Strategiebeitrag in diversen Zeitungen fehlte mir nach der Einleitung der Hauptteil. Aber seine fachlichen Einlassungen auf Parteitagen blieben immer klug.

Wenn es ihm gelingt, eine realistische Perspektive, für das was umsetzbar ist zu entwickeln und damit neue Glaubwürdigkeit und vielleicht sogar Sympathie für die FDP zu gewinnen, wäre das eine große Leistung.  Mehr kann und sollte man nicht von ihm erwarten. Wer trotz Ankündigungen wirklich eine neue inhaltliche Ausrichtung des organisierten Liberalismus erwartet - oder wie ich: eher befürchtet - wird enttäuscht werden. Ein wenig Hauptteil wird er jetzt aber liefern müssen.