Dienstag, 29. September 2009

Die FDP ist jetzt eine Mittelpartei. Und kann es bleiben!

Die Bundestagswahlen haben den Trend von rund 90 Prozent der Wahlen seit Amtsantritt des FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle bestätigt: Die FDP wächst. Das bestätigt auch den Kurs Guidos. [Es freut mich auch, dass die hessische FDP das so sieht. Das war - aus sehr nachvollziehbaren Gründen - nicht immer der Fall; FAZ vom 4.1.01: "Gemeinsam ein gutes Team" Hessische FDP-Politiker stärken Parteivorsitzendem (Gerhardt) den Rücken"; nur ein einzelner für eine Doppelspitze Westerwelle (Partei) /Gerhardt(Fraktion)...].

Die FDP hat damit auch einen weiteren Trend bestätigt: Sie ist jetzt eine Mittelpartei. Hinter dem sogenannten "Projekt 18", dessen durchaus ernst zunehmende politologische und soziologische Fundierung leider in der künstlichen Antisemitismus-Diskussion um Möllemann- und Friedmann-Äußerungen und vielleicht auch wegen seiner etwas zu klamauikgen Umsetzung in Vergessenheit geriet, stand nämlich die Analyse der Auflösung der klassischen, die beiden großen Volksparteien tragenden Milieus (Gewerkschaftsorientierung/Kirchenbindung). Diese Auflösung ermöglicht es Parteien ohne eine solche Milieu-Bindung in neue Regionen vorzustoßen, wenn diese Parteien wiederum sich öffnen. Oder wie ich es vor einigen Monaten schrieb: Volkspartei FDP? Volkspartei!

Das Phänomen der Mittelpartei ist für Deutschland recht neu. Gewöhnt sind wir seit der ersten Bundestagswahl 1949, dass zwei recht große Parteien dominieren und erst mehrere, dann nur noch eine und dann wieder mehrere kleine Parteien als Mehrheitsbeschaffer fungieren. Betrachtet man viele andere europäische Staaten ist dies kein Naturgesetz: In den Niederlanden, in Österreich, in Dänemark erzielen sehr unterschiedlich geprägte, ehemalige "Kleinparteien" teils seit den 70ern Jahren, teils seit den 90er Jahren große Erfolge und etablierten sich als Mittelparteien. Nun können weder die Ressentiments schürende FPÖ noch die doch recht konservativen VVD oder Venstre eine Blaupause für die FDP darstellen. Doch sie zeigen, dass es ehemals kleinen Parteien gelingen kann, in die Phalanx der großen dauerhaft vorzudringen.

Schon am Wahlabend kommentierten viele: Der Erfolg der FDP ist nur dem schlechten Zustand der CDU, der großen Koalition und der recht langen Regeneration in der Opposition geschuldet. Sicherlich waren dies entscheidende Faktoren für den Wahlerfolg. Aber die Beispiele unserer Nachbarn - gerade der niederländischen VVD - belegen: Trotz langer Regierungsbeteilung und internem Richtungsstreit kann man sich als Mittelpartei halten, wenn man einmal in diese Regionen vorgedrungen ist. Dies erfordert freilich auch ein gewisses Geschick in der strategischen Positionierung und gerade bei der Auswahl des Führungspersonals.

Als etablierte Mittelpartei erhielte man neue Freiheiten und wirkliche Unabhängigkeit. Die "rechtsliberale" VVD konnte sich sogar in der "lila Koalition" mit der Arbeiterpartei und den Linksliberalen von D66 zunächst (von 19) auf 24 % steigern! Etabliert sich die FDP als Mittelpartei, dann gewinnt sie perspektivisch auch neue Koalitionsoptionen, weil sie als glaubhafter, gleichwertiger Machtfaktor "auf Augenhöhe" und nicht mehr nur als Mehrheitsbeschaffer und Steigbügehalter gesehen wird. Diesen neuen Status muss sich aber auch die neue Mittelpartei FDP erst erarbeiten. Der Partei in die Hände spielen würde es dabei, wenn sich der Trend der Abkehr von den großen Volksparteien fortsetzte. Die künftige Stärke der FDP ist damit auch von der künftigen Stärke der Grünen und der Linken abhängig. Das 5-Parteiensystem kann entgegen der vorherrschenden Meinung die Bedeutung und Unabhängkeit der FDP steigern helfen. Lafontaine und Gysi als nützliche Idioten der FDP - auch das ist eine Perspektive;-)

Entscheidend ist, dass die FDP die für sie abgegeben Stimmen auch selbst mental nicht mehr als "Leihstimmen" empfindet. Dann werden auch die Wähler in ihrer Gesamtheit ihre Stimmen für die FDP nicht mehr als "Leihstimmen" oder als "Koalitionsstimmen" sehen. Bis dahin ist es sicherlich noch ein weiter Weg. Doch traue ich es Westerwelle & Co zu, die neuen FDP-Wähler ein Stück weit an die FDP zu binden: So dass eines Tages die Loyalität gegenüber der FDP mehr bedeutet als eine Lagerloyalität. Erst dann bildet die FDP ein eigenes Lager.Die Chimäre vom Stammwähler bleibt in diesem Jahrzehnt aber eine Chimäre.

Sonntag, 20. September 2009

Die Koalitionsaussage, n-tv und die FDP

Mir liegt es fern Medienschelte zu betreiben, zumal ich aus den 90ern ganz anderes gewöhnt bin. Damals prognostizierte fast die gesamte Medienlandschaft das Ende der FDP - oft auch im Bericht und nicht nur im Kommentar.

Trotzdem: Schon etwas seltsam mutet der aktuelle n-tv-"Bericht" vom Parteitag an.

Dort heißt es unter dem Titel "Absage an Ampel - FDP bekennt sich zur Union": "Die FDP hatte sich in der Vergangenheit immer mal wieder als Fähnchen im im Wind präsentiert. Sollte Schwarz/Gelb die Mehrheit verfehlen, werden die Karten wohl auch diesmal neu gemischt." Nun mag der "Berichterstatter" meinetwegen als "Kommentator" fungieren. Auch wenn das journalistisch unsauber ist. Woher er jedoch seine "Weisheit" vom "Fähnchen im Wind" nimmt, bleibt jedoch fragwürdig.

Mag sich der noch recht jung klingende Journalist vielleicht an die angeblichen Umfaller 1982 (Bonner Wende) und 1961 (Koalition mit Adenauer trotz Wahlaussage "CDU ja, Adenauer nein") erinnern? Wahrscheinlicher ist jedoch, dass ihn die bei der Gremiensitzung aufgestellten FDP-Fähnchen zu der Bemerkung inspiriert haben. Ist ja so ein tolles Mittel des TV-Journalismus. Für so schlichte Assoziationen sprechen auch des Journalisten platte Formulierungen wie "Die Kanzlerin kann aufatmen" (über die Koalitionsaussage - als würden ihr die Beine schlottern vor der Vorstellung, die FDP könne sich anders entscheiden) und vom "Duz-Freund Westerwelle" (als wäre nicht das halbe politische Berlin per Du).

Näherliegender jedenfalls wäre gewesen, sich an Westerwelle 2005 (man denke vor allem diese denkwürdige Runde nach der Wahl) oder die hessische FDP 2009 erinnern. Beide waren gegenüber dem massiven Werben von SPD und Grünen standhaft geblieben.

Wenigstens der Binnenpluralismus beim Sender funktioniert: Im Internet kommentiert Hubertus Volmer jedenfalls: Die Öffentlichkeit hält Politiker gern für verlogen. Auch die SPD scheint von Westerwelles Wahrhaftigkeit nicht restlos überzeugt zu sein. Das ist ein Fehler. Die FDP wird in der kommenden Legislaturperiode ebenso wenig mit der SPD koalieren wie diese mit der Linkspartei. Letzteres mag in vier Jahren anders aussehen. Doch derzeit führt der einzige Weg in die Regierung für die SPD über Verhandlungen mit der Union.

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Doch: Das Video der 2005er-Elefantenrunde

Montag, 14. September 2009

Es geht: Liberale Rathauschefs

Eben erst gesehen, dass die Wermelskirchener meinen ehemaligen Bundesvorstandskollegen Eric Weik als Bürgermeister wiedergewählt haben. Das bestätigt mich darin: Es geht!. Und das ist sozusagen die lokale Fundierung für die Kritik an Kanzlerduellen.

Die Angst vor dem Genschereffekt

Das gestrige Kanzlerduell war eine Farce. Zwei Parteien tun so als hätten sie einen automatischen Anspruch darauf, den Kanzler zu stellen. Ich habe nie verstanden, warum eine kleinere Partei keinen Kanzlerkandidaten aufstellen darf. Und ich werde nie verstehen, warum öffentlich-rechtliche Sender den Kanzlerkandidatenalleinaufstellungsundkanzleralleinstellungsanspruch von SchwarzRot auch noch folgen. Ich habe aber eine sehr genaue Vorstellung davon, warum sich Merkel und Steinmeier weigern, mit Westerwelle, Lafontaine und Trittin zu diskutieren. Das Spitzenkandidatenduell 1980 ist mir nämlich noch in prägender Erinnerung. Dort punktete eine glänzend aufgelegter Genscher gegen einen schwachen Schmidt und einen straußigen Strauß. Und zeigte sich als der Oberelefant in der damals so genannten "Elefantenrunde". Ich glaube übrigens auch eine solche Runde hätte auch 2009 noch mehr Pepp! Gibts aber nicht: aus Angst vor dem Genscher-Effekt.

Mittwoch, 9. September 2009

Weg mit dem Soli

Von den Republikanern kann man leider lernen, was ein gutes Plakat ausmacht: Es hat eine klare Botschaft, eine klare Forderung - z.B. "Weg mit dem Soli". Es hätte auch in blau/gelb gehalten sein können. Es ist nämlich eine Forderung, die auch in der FDP mehrheitsfähig ist. Mehrheitsfähig, weil der "Soli" als Aufschlag auf den Steuersatz nicht in die Steuersystematik passt und kein "Solidaritätsbeitrag" ist, sondern eine Zusatzsteuer. Leider traut sich die FDP da nicht mehr wirklich ran seit ihre von den Jungliberalen durchgesetzte Forderung nach Abschaffung des Soli vor der Bundestagswahl 1998 von Medien und Öffentlichkeit als Forderung nach Abschaffung der Solidarität mit dem Osten missverstanden wurde. Dabei landen die Einnahmen aus der Zusatzsteuer nicht im Osten, sondern schlicht im allgemeinen Haushalt. Ich vermute übrigens: den REPs geht es nicht um Steuersystematik, sondern gerade darum, ein Ende der Solidarität mit den neuen Ländern einzufordern und mit einer "Jetzt-reichts-Attitüde" im Westen zu reüssieren. Insofern: gutes Plakat. Falsches Motiv.

Montag, 7. September 2009

Wahlkampfmobil?

Eben rief mich ein Journalist an und fragte, ob unsere Bundestagskandidatin ein Wahlkampfmobil fährt. Im 2002er Wahlkampf wurde Guido für sein Guidomobil bekanntlich stark gescholten. Also Vera Langer fährt keins [aber Auto fahren kann sie - ob Einparken weiß ich natürlich nicht;-)]. Mittlerweile fährt ja auch jeder so ein Teil, Wahlkampfmobile sind Mainstream, sind langweilig geworden. Das ist dann wohl die Demokratisierung des Spaßwahlkampfs. Oder anders ausgedrückt: Der Spaßwahlkampf ist überall angekommen.

Es gab übrigens bei den Bundestagswahlen 2002 und 2005 ein gerne fotografiertes "olliemobil". Dieses besonders schöne Gefährt hat auch irgendjemand bei Flickr eingestellt.

Warum ich von meinem Ergebnis beim Wahl-o-Maten schwer schockiert bin!

Erwartungsgemäß habe ich schwer FDP. Erstaunlicherweise folgt die CDU der FDP. Sogar gefährlich schnell. Ich hätte die Grünen auf Platz 2 getippt. Auch auf Platz 3 nix Grüne, nix Piraten, die bei mir deutlich vor den Grünen liegen, sondern die Bayern-Partei. Bayern, ist das nicht eher der Rene Rock, der schon fast dort wohnt? :-) Vor meiner gefühlten Zweitpartei (die Grünen sind halt eine Partei für´s gut fühlen, nicht für´s Gute tun) liegen zudem noch das Zentrum, die SPD, die Partei biebeltreuer Christen, die Familienpartei, die Allianz der Mitte, die Freien Wähler. Und „die Rentner“ <– ich scheine doch alt zu werden! Zum Wahlomaten

PS: So etwas wie den Wahlomaten gibts jetzt auf Spiegel-Online auch für Kandidaten. Leider in Offenbach nur bisher mit 3 Kandidaten, davon nur eine Vertreterin etablierter Parteien. Meiste Übereinstimmung bisher mit meiner Kandidatin (Vera Langer), allerdings ist - ehrlich gesagt - nicht voll umfassend (18 von 32 Möglichen). Trotzdem gute Kandidatin. Das Ergebnis zeigt halt, dass es Vielfalt gibt in der FDP :-)