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Dienstag, 30. November 2010

Zwischenruf: Die faktische Irrelvanz der Maulwurfaffäre, das Versagen der klassischen Medien und der wahre Guido

Die FDP hat also einen kleinen Guillaume, das sagt Walter Hirche, ein sehr von mir geschätzter niedersächischer Landespolitiker. Da halte ich es lieber mit seinem seinerzeitigen Intimfeind Jürgen W. Möllemann: "Man soll doch mal die Hirche im Dorf lassen": der Spion hat der amerikanischen Botschaft nichts anderes gesagt als, was während der Verhandlungen Heerscharen von Verhandlern und deren Kamarillas den Medienvertretern in Hintergrundgesprächen "unter 3" oder gar "unter 2", also zur "Nicht-Verwertung" oder zur "Verwertung ohne Quelle", ins Blöckchen diktiert haben. Irgendwelche Botschaftsangehörige haben daraus - wie es ihr Job und ihre Art ist - wichtigtuerische Vermerke produziert. Das ist nichts Schlimmes.

Das Problem ist: Durch Wikileaks erhalten die Vermerke jetzt eine Autorität, die ihnen nicht gebührt. Daran ist nicht Wikileaks schuld. Es stellt nur Informationen zur Verfügung, die auf verbrecherische Art und Weise geleakt wurden. Aber wo Wikileaks aufhört, müssten die Medien anfangen. Die Einordnung der Informationen wäre Aufgabe der Medien. Anstatt herauszuarbeiten, dass es sich dabei nicht um Positionen der US-Regierung handelt, sondern - am Beispiel Guido Westerwelle - um Einschätzungen von Botschaftsmitarbeitern zum Zeitpunkt vom 14.9.2009, fabrizieren Medien Überschriften wie "So denken die USA über Politiker". Im Präsens statt im Präteritum. "Die USA" statt "Botschaftsangehörige"

"In the eyes of the foreign policy community, he is no Genscher", heißt es im Dossier von eben diesem Datum - zu einem Zeitpunkt als Guido noch nicht einmal das beste Wahlergebnis  in der Geschichte für die FDP geholt hatte. Auch auf die Tatsache, dass es sich um eine Einschätzung Westerwelles von amerikanischen Diplomaten VOR der Amtsübernahme handelt, gehen die Medien in ihrer Berichterstattung so gut wie nicht ein. Ich wage die Behauptung, dass die außenpolitische Community über Genscher vor dessen Amtsantritt, wahrscheinlich sogar noch ein Jahr danach, auch geschrieben hätte "he is no Genscher". Denn  Genscher war auch nicht von Anfang an das Idol, wegen dem ich in die FDP eingetreten bin. Er brauchte einige Zeit, um im Ministerium Fuß zu fassen. Er war zuvor Innenminister, ohne Bindung zu den außenpolitischen Kreisen der Bonner Republik.

Ob Guido Westerwelle jemals ein in Deutschland anerkannter Außenpolitiker wird, kann ich nicht beurteilen und ist hierbei unwichtig. Die Medien versagen aber bei der Einordnung der Wikileaks-Dokumente. Der Bild-Blog spiegelt genial Fehler der Bild-Zeitung und verfolgt sie für zweifelhafte Machenschaften. Es wird an der Zeit, dass es einen akzeptierten Medien-Blog gibt, der die Medien insgesamt kritisch hinterfragt. Nicht weil ich ein grundsätzlicher Gegner der Medien wäre, im Gegenteil. Aber Journalisten sind keine Halbgötter mit Griffel. Denn selbst die so genannten Qualitätszeitungen, die als Nachrichtenmagazine firmierenden Meinungsmagazine sowieso, die angeblich linksliberalen, in Wirklichkeit linken Zeitungen ganz besonders, ordnen Informationen teilweise nicht in die reale Situation, sondern in ihr Weltbild ein. Faktenlage? Nein Danke! Die Focussierung der Medienkritik auf Springer und BILD hat was mit der allgemeinen Akzeptanz der von den Alt68ern aufgestellten politischen Regeln und deren Alleinvertretungsanspruch für politische Legitimität und Moral zu tun - aber nichts mit der Realität. Und so ist etwa "Die Welt" heute im Vergleich zur "Süddeutschen" beinahe eine Qualitätszeitung.

Würden sich die Medien ernsthaft mit den Dokumenten in Wikileaks beschäftigen, dann würden sie sich ernsthaft damit auseinandersetzen, dass Westerwelle von den Diplomaten trotz transatlantischer Rhetorik alles andere als ein Erfüllungsgehilfe Washingtons beschrieben wird. Aber das könnte ja nicht in das sich linksliberale gebende, linke Weltbild passen.

Politisch irrelevant, aber - wie ich finde - interessant die Einschätzung der Botschafter über die Unterschiede zwischen Westerwelles öffentlichem Auftritt und seinem Auftreten jenseits dessen: "In front of the camera, Westerwelle comes across as serious, sharp, and calculating, and almost comical at times with what is perceived as a very exaggerated presence. In person, people say Westerwelle is very gallant, funny, and sarcastic." Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang gerne an einen, eigentlich sehr privaten, aber dennoch öffentlichen Auftritt Westerwelles vor rund 200 Jungliberalen bei der Party ihres Bundeskongresses Ende der 90er Jahre in Köln. Mit dem damaligen Bundesvorsitzenden der JuLis, Michael Kauch, legte Westerwelle einen spontanen, kabarettistisch anmutenden und teilweise frivolen Dialog hin. Selten so herzhaft gelacht und gejohlt. Schade, dass es damals noch keine Handycams & Youtube gab. Und schade, dass wir alle in der politischen Auseinandersetzung dazu neigen, immer mal anders zu sein als wir selbst.

Montag, 14. Dezember 2009

Christian Lindner - der erste intellektuelle Generalsekretär seit Karl-Hermann Flach

Mein Anforderungsprofil an die Position des Generalsekretärs der FDP in der jetzigen Situation ist eine seltene Mischung von "Einstellungskritierien". Ich verlange von einem Generalsekretär der FDP jetzt im Wesentlichen, dass er über den Tag hinaus denken, also vordenken, kann. Und dass er in der Lage ist, die FDP auch gegenüber dem politischen Gegner deutlicher zu profilieren als dies ein Regierungsmitglied im Allgemeinen und ein Chefdiplomat im Besonderen kann. Wobei nicht unbedingt ein Lautsprecher gefragt ist - man kann auch mit leisen oder zumindest leiseren Tönen Profil bilden. Wenn man es kann. Dirks Haudrauf-Rhetorik hatte immer schon ihre gewisse Qualität. Ich vermute aber Karl-Hermann Flach pflegte leisere Töne und sorgte dennoch für Sichtbarkeit der Liberalen. Sichtbarkeit kann auch durch kluge Gedanken allein erwachsen.

Mittwoch, 4. Februar 2009

Grundsatzprogramm der FDP

Vor einigen Tagen fand die Liberale Tafelrunde des Liberalen Mittelstandes mit Michael Kauch statt. Thema: Klimaschutz. Für die morgige Debatte zum Thema Staudinger im Stadtparlament bin ich also gut gewappnet;-) Michael, mein ehemaliger JuLi-Bundesvorsitzender, ist für mich einer der intelligentesten Leute der Bundestagsfraktion. Ein Vordenker, von denen es viel zu wenige gibt - in allen Parteien.

Ich war seinerzeit "sein" von ihm zunächst nicht gewünschter stv. Bundesvorsitzender für Programmatik im Bundesvorstand. Natürlich war er der eigentliche Programmatiker, der für die JuLis etwa in der Kommission saß, die die Wiesbadener Grundsätze der FDP entwickelte. Gemeinsam auch mit der "stv. Programmatikerin" im Vorstand Susanne Kayser haben wir unsere Nuancen in das dieses Grundsatzprogramm gebracht und dabei auch dessen Richtung geändert.

Stolz bin ich immer noch auf diese Kayser/Stirböck-Passage aus der Präambel des Programms: "Die Gefälligkeitspolitik zeigt sich auch im Umgang mit den Bürgerrechten. Statt die Ursachen von Regelverstößen anzugehen oder bestehende Gesetze durchzusetzen, werden Regeln symbolisch verschärft. In allen Parteien suchen sozialdemokratische Konservative und konservative Sozialdemokraten ihren politischen Erfolg in der Konkurrenz um die bessere Fortsetzung des falschen Weges. Eine politische Kraft ist notwendig, die unbeirrt durch den Zeitgeist die Dinge beim Namen nennt und für ihren Weg wirbt: Für den Weg in die offene Bürgergesellschaft." In Wiesbaden konnten wir diese Formulierung in das Programm reinbeantragen. Zuvor hatte der Programmentwurf des Bundesvorstandes die Warnung der Gefälligkeitspolitik nämlich lediglich auf die Wirtschaftspolitik bezogen und unseren Änderungsvorschlag abgelehnt.

Das war seinerzeit durchaus eine bewusste Strategie des Teams Gerhardt/Westerwelle, um die FDP vor allem auf dem Gebiet der Wirtschaftspolitik zu profilieren. Während Westerwelle unabhängig von der seiner damaligen Schwerpunktsetzung jedoch recht konsequent für Bürgerrechte eintrat, gehörte Gerhardt eher zu denjenigen, die zumindest manchen, in der Partei hochgehaltenen Bürgerrechten kritisch gegenüberstanden und sie abräumen wollte (z.B. Lauschangriff). Hört man heute Gerhardts Reden, kann man dies kaum glauben. Fairerweise muss man allerdings sagen, dass Gerhardt mit Ausnahme des genannten Themas, nie an vorderster Front gegen Bürgerrechte kämpfte und nach dem von ihm gewonnenen und im wesentlichen initiierten Mitgliederentscheid zum Lauschangriff, die Bürgerrechtler in der FDP einzubinden versuchte.

Heute wollen vor allem Junge Liberale ein neues Grundsatzprogramm. Mein "Autorenstolz" lässt es natürlich nicht zu, das gut zu finden;-) Im Ernst: ich halte unser Grundsatzprogramm weiterhin für zeitgemäß. Gerade im Zeichen der Krise. Eine "Fortschreibung" von Wiesbaden ist für mich zu früh. Ich habe bisher auch wenig Gedanken gelesen, die eine neue Diskussion rechtfertigen würden. Sicher: Angesichts neuer Entwicklungen kann man liberale Grundsätze unter neuen Überschriften und Aspekten formulieren. Neue Antworten grundsätzlicher Art sehe ich nicht. Lasse mich aber gerne überzeugen.