Donnerstag, 19. Februar 2009

Volkspartei? Volkspartei!

Das Wort „Volkspartei“ verwenden manche Liberale nur mit Nasenrümpfen, gleichsam als Inbegriff für eine Partei, die Gefälligkeitspolitik gegenüber allem und jenen betreibt. Das ist aber politologisch fragwürdig und entspricht auch nicht dem Empfinden des Otto-Normal-Bürgers. Der Begriff meint vielmehr die Abgrenzung von einer Klassen-, Klientel-, oder Honoratiorenpartei. Schon deshalb sollte die FDP den Begriff für sich reklamieren und nicht den anderen Parteien überlassen. Eine Volkspartei wendet sich an das ganze Volk. Parteien, die allen alles versprechen, sind hingegen keine Volksparteien, sondern Volksverdummungsparteien.

Das Bekenntnis zum Anspruch, Volkspartei sein zu wollen, ist gerade angesichts der guten Umfragewerte in den letzten Wochen von Bedeutung. Die FDP hat nur dann die Chance, diese Werte zu halten, auch bei Wahlen zu erreichen oder gar zu verbessern, wenn sie sich als Partei mit einer klaren Geisteshaltung positioniert und sich nicht als Interessenspartei für wenige fühlt. Wenn der Liberalismus Zukunft haben und nicht nur eine Scheinblüte erleben will, müssen auch jene für ihn gewonnen werden, die dem Gedankengut einiges, der FDP aber wenig abgewinnen konnten. Dazu braucht die FDP eine mentale Öffnung. Vielen in der FDP fällt das schwer. Sie fühlen sich beim Sektkelchschwenken auf dem IHK-Empfang merklich wohler als bei der Pokalüberreichung beim Kleintierzuchtverein. Sie fremdeln mit dem Gedanken, die kuschelige Nische geneigter Multiplikatoren zu verlassen. Sie wollen nicht Volkspartei sein, weil sie besser sein wollen als das Volk. Nicht immer hält dieser hehre Anspruch jener jedoch der manchmal recht mediokren Anmutung stand.

Die Bindungswirkung klassischer sozialer Milieus, das Klassen- und Schichtenbewusstsein nehmen dramatisch ab – damit einhergehend auch die Parteibindung von der Wiege bis zu Bahre. Darin liegt eine Chance für eine Wachstumsstrategie der Liberalen. Die Grundidee des „Projekts 18“ – Öffnung und Eigenständigkeit – war daher schon damals richtig. Sie ging in den Wirren der Überdrehungen und Eitelkeiten im Spendensumpf unter. Sie ist Voraussetzung für Wachstum. Und damit dafür, wirklich nach außen hin als „eigenes Lager“ und nicht nur als potenzieller Koalitionspartner wahrgenommen werden.

(Beitrag für Freizeit - Mitgliedermagazin der JuLis Waldeck-Frankenberg)

Danke für Ihr Vertrauen

Bedanke mich für die Wiederwahl in die Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer zu Offenbach am Main. Gestern war dort eine Veranstaltung mit Prof. Falter: Er forderte eine echte Mischung aus Mehrheitswahlrecht und Verhältniswahlrecht, damit Entscheidungen einfacher werden. Meine Meinung: wenn dann gleich Mehrheitswahlrecht. Nur: überlebt das die SPD? ;-) Abstand FDP-SPD laut Umfrage 4 %...

Dienstag, 17. Februar 2009

KJB-Sitzungen 3 und 4 in 2009? Gut. Besser....

Am Wochenende war wie jedes Jahr in den letzten gefühlten 100 Jahren Gesser-Time im Bieberer Pfarrheim. Gut. Besser. Gesser. Doch war der diesjährige Mann in der Mitte des Elferrates zwar ähnlich behaart, wenn man diesen Euphemismus mal nutzen darf, dafür aber deutlich jünger und wahrscheinlich auch 2g leichter als jene Urgestalt der IGBIF, die ich in den letzten 10 Jahren mit ihrer ganz eigenen, unnachahmlichen Art präsidieren und Raketen steigen lassen sah. Hatte schon in den letzten Jahren eine sanfte Verjüngung in das Programm der IGBIF Einzug gehalten, ist mit diesem Jahr der Generationenwechsel geschafft. Nur der Umstand, dass nicht der ganze Saal die Songs der 5Jahreszeiten mitgrölen konnte, dafür aber in alten Party-Schlagern durchaus textsicher war, ließ erkennen, dass es sich nicht um die Sitzungen 3 und 4 der KJB handelte. Ob die Grande Dame der Bieberer Fassnacht Hanne Feind oder die freche Jenny Bauer, die Hanne Feind des Jahres 2050, ob Protokoll von Klaus-Peter Keller mit bissigen Bemerkungen über Guido oder Markus Gesser mit bissigen Bemerkungen über die SPD - alles kam irgendwie jung daher - frei nach dem Motto: es gibt keine alten oder jungen, sondern nur gute und schlechte Fassnachtssitzungen. Die 2009er war eine gute. Sogar seine sehr gute. Da mag man auch noch so sehr einige der Protagonisten an vorderster Front vermissen und hoffen, dass sie beim nächsten Mal wieder dabei sind. Mit den 2009er Sitzungen hat die IGBIF gezeigt, dass sie Zukunft hat. Und da waren sich die Beteiligten in den vergangenen Jahren nicht immer so sicher wie die Zuschauer, die sich angesichts der unablässlich sprudelnden Quelle des Nachwuchs der KJB eigentlich nie vorstellen konnten, dass sich kein Nachwuchs mehr finden soll. Die Party geht weiter.

Für den krönenden Abschluss sorgten die erwähnten 5Jahreszeiten, die erstmals nicht nur den richtigen Ton trafen, sondern (ausgerechnet Juso Hajo Sbick) - zumindest einmal - den richtigen Text...: "wir glauben an den lieben Gott und wählen FDP". Des mer des noch ma erlebbe dürfe! Für dieses gelungene Product Placement hat die KJB natürlich eine kleine Spende verdient;-)

Donnerstag, 12. Februar 2009

Furcht vor der neuen Mittelpartei

Die FDP sorgt jetzt laut n-tv also mit ihren ach so neuen Forderungen in der Gesundheitspolitik für Streit. Alle Parteien fallen über die FDP her. Die Furcht der anderen vor der neuen Mittelpartei FDP muss groß sein.

Mittwoch, 11. Februar 2009

Die Chimäre vom Stammwähler

n-tv schreibt: "Nach Ansicht von Forsa-Chef Manfred Güllner geht das Erstarken der FDP vor allem zu Lasten der Union. Der Stammwähleranteil der FDP sei mit etwa sechs Prozent nach wie vor relativ gering. Derzeit finde ein Austausch im bürgerlichen Lager statt: 37 Prozent der Bürger, die derzeit FDP wählen wollten, hätten früher die Union gewählt. Sie vermissen laut Güllner "ein bisschen die Identität" sowie den "klaren Kurs" der Union und sähen ihre Interessen eher bei der FDP aufgehoben."

Meine Meinung: Die FDP-Stammwählerschaft liegt sicher nicht bei 18 %. Die der SPD aber etwa auch mittlerweile eher bei weniger als 18 %... Die Sache ist aber doch gerade: den "Stammwähler" der 50er Jahre gibt es so nicht mehr. Zumindest nicht mehr in dem Maße. Das haben übrigens alle "modernen Gesellschaften" mit ihren sich auflösenden Strukturen und dem auflösenden Schichtbewusstsein gemein. Ein Blick in die Niederlande, nach Italien oder nach Österreich - Parteiensysteme, mit denen mich mich eingehender beschäftigt habe - zeigen dies sehr eindrücklich. Krisen der Großen und eine gute Performance der Kleinen (charismatischer Parteichef, klares Image) können das Parteiensystem ziemlich durcheinanderbringen. Die Wähler orientieren sich angesichts der (im Vergleich zu früher) relativen Übereinstimmung der Parteiprogramme an den Parteien, denen sie die meiste Problemlösungskompetenz oder Problembewusstsein zubilligen. Den Stammwähler gleichsam als Erbhof gibt es da nicht mehr. Das ist freilich auch eine Warnung an liberale Euphoriker: es kann auch ganz schnell bergab gehen. Aber jetzt freuen wir uns erstmal über die 18.

Umfrage des Tages: Forsa taxiert FDP auf 18%



Bilder sagen mehr als 1000 Worte :-)
Wer doch so viel lesen will:
Warum die FDP Mittelpartei werden kann (aus Januar 2009)

Montag, 9. Februar 2009

Der Papst, die Pius-Brüder und Freimaurer

Die Offenbacher Freimauerloge Charlotte zur Treue bezeichnet sich selbst als ältester Sozialverein der Stadt. Gestern lud sie zu ihrer Neujahrstafel unter der Regie ihres "Meisters vom Stuhl", Herbert Füller. Die Freimaurerei umweht der Mythos der Geheimbündlerei. Ich sehe dort mehr den Geist der Aufklärung wehen, selbst wenn einem die Riten auf den ersten Blick befremdlich oder ungewohnt erscheinen mögen. Ihre Neujahrsempfänge in Offenbach sind ein Zeichen der Offenheit. Auf ihrer Website laden sie die Besucher der Site ein, zu einem Kennenlern-Treff zu kommen. Von Geheimbund keine Spur...

Die vom Vatikan wieder in die Gemeinschaft aufgenommenen "Pius-Brüder" gelten als leidenschaftliche Gegner der Freimauererei. Sie kämpfen die Schlachten vergangener Jahrhunderte. Ist es Strategie, Zufall oder Versehen, dass der Vatikan ausgerechnet die Gegner der Aufklärung hofiert?

Das KJB-Gen: So treten Sie richtig zurück, Herr Glos!

So einfach ist das Ganze: Ich schreibe an den guten Paul-Gerhard Weiß, meinen Kreisvorsitzenden, einen Brief. "Lieber Paul-Gerhard, 2 schwierige Wahlkämpfe liegen vor uns. Zur Glaubwürdigkeit gehört auch, vor der Wahl genau zu wissen, welche Personen nach der Wahl für führende Ämter zur Verfügung stehen. Da ich jetzt auf die 50 zugehe, entspricht es nicht meiner Lebensplanung länger als bis 2011 Vorsitzender der FDP-Fraktion sein. Ich bitte Dich, mich daher von meinen Aufgaben als Fraktionsvorsitzender zu entbinden. Dein Oliver Stirböck". Er kann mich zwar weder entbinden, noch binden. Aber wenn Paul-Gerhard die Entbindung ablehnt, weiß ich ganz sicher, dass dann schon bald jemand anders an meiner Stelle sitzt. So stellt sich der geneigte Bürger und Leser dieser Zeilen wahrscheinlich Politik vor. Denn so spielt die Bundesregierung sie uns gerade vor.

Da lobe ich mir doch lieber wie Rücktritte in Bieber zelebriert werden. Vorgestern Nacht etwa. Bei der Fassnachtssitzung der KJB. Nun gut, es war keine wirkliche Überraschung. Der langjährige "Präsi" Martin Jäger beendete seine Amtszeit - übrigens nicht ohne nochmal auszuteilen - diesmal traf es nicht mich, sondern die Lieblingsgegner der Fassnachter: "Seit vielen Jahren kommt Oliver Stirböck mit einigen Freunden zur Sitzung und einmal habe ich gesagt, die FDP hat hier bei der Sitzung mehr Sitze als in jedem deutschen Parlament. Das hat sich jetzt ja grundlegend geändert. In wenigen Jahren darf ich das wohl über die SPD sagen". Sozialdemokraten haben es nicht leicht bei der Bieberer Fassnacht. Auch dann nicht, wenn sie mit Stephan Färber immerhin einen ehemaligen KJB-Präsi stellen. Ob mit Spitze an die SPD oder ohne Spitze: der orkanartige Beifall, nachdem KJB-Sprecherin Josepha Götz sich bei Martin bedankte, war verdienter Lohn für 4 harte Jahre Arbeit und ein großartiges Präsidium. Auch Juso Hajo Sbick vom Kjb-Leitungsteam wird natürlich gelacht und geklatscht haben.

Meine Berührungspunkte mit der KJB in der Jugend waren eher gering. Ich dürfte 16 gewesen sein als mein Schulfreund, der spätere "Großkreuzträger" der KJB, Norbert Wameling, mich mal bat, meine Stereoanlage zum sonntäglichen Tanztee (?) mitzubringen. Die Anlage hielt keine 5 Minuten durch und ich ging besorgt nachhause.

Wahrscheinlich rund 15 Jahre später besuchte ich erstmals die KJB-Fassnachtssitzung, neugierg - aber ohne größere Erwartungen. Wer aber die Begeisterung sieht, mit der rund 50 Aktive Jahr für Jahr eine Sitzung auf die Beine stellen, bei der sie Fassnacht, Party und die KJB geradezu zelebrieren und damit 2 mal den Saal des Pfarrheims füllen, wird zweifelsohne mitgerissen und zur Erkenntnis kommen in seiner Jugend vielleicht doch etwas verpasst zu haben;-) Zumal der von der Stadt an die KJB verliehene Ferdinand-Kallab-Preis verrät, dass ihr Engagement noch weit über die Sitzungen hinaus geht. Andernorts ist Fassnacht manchmal eine fast ernst, sogar bierernst daherkommende Veranstaltung - die Fassnachtssitzung der KJB versprüht hingegen Leichtigkeit, Frische und Freunde - wie es vielleicht nur eine Jugendsitzung kann.

Nur eine Jugendsitzung? Kommenden Samstag ist die Sitzung der IgBiF, das ist so was wie die FDP der Jungen Liberalen. Die Seniorenorganisation. Ebenso wie bei der FDP in Hessen ist dort Generationenwechsel angesagt: So treten nach ihrem letztjährigen KJB-Abschied erstmals die 5 Jahreszeiten wieder auf. Und Markus Gesser erlebt 5 Jahre nach seinem Kjb-Präsi-Rücktritt seine Reinkarnation als IgBiF-Sitzungspräsident und Nachfolger seines Vaters, der - zumindest so lange ich denken kann - Glanz in die Bieberer Fassnacht gebracht hatte. Gell Martin, so sehen Comebacks aus. Wir warten drauf.

Aber nicht in allen Fällen hoffen wir auf Comeback-Kids: Herr Glos, ich wünsche Ihnen einen angenehmen Ruhestand. Lassen Sie ihn bitte nicht zum Unruhestand werden!

Link zum letztjährigen Bericht

Mittwoch, 4. Februar 2009

FAZ-Kreativstadtdebatte

Gestern fand eine Podiumsdiskussion der FAZ zur Kreativstadt Offenbach statt. FAZ-Redakteur Anton Jakob Weinberger führte souverän und spontan durch die Debatte. Wir fühlen uns schon durch das Stattfinden der Debatte bestätigt, weil wir eigentlich die einzigen sind, die sich in der Stadtverodnetenversammlung für die Positionierung der Stadt im Wettbewerb der Kommunen interessieren und dazu das Label Kreativstadt als einen interessanten Aspekt empfinden. Da halten wir es auch aus, dass ständig missinterpretiert wird, wir hätten gefordert "Kreativstadt" an das Stadtschild zu hängen. Wir sind für eine Dachmarke "Kreativstadt". Meinetwegen auch für eine Dachmarke "Kreatives Offenbach" und dafür die Maßnahmen, die im Kreativstadtgutachten der Stadt stehen, umgesetzt werden. Ein Schritt in die richtige Richtung ist auch die von OB geplante Stiftungsprofessur an der HFG. Hoffentlich bekommen wir das finanziert.

Hoff entministert, Rentsch und Blum gewählt


Staatsminister Grüttner bleibt Staatsminister und wird nicht Staatsekretär - das finde ich so ziemlich das einzig bedauerliche am neuen Kabinett - ein echter Fall für das Schwarzbuch des Steuerzahlerbundes - wiewohl ich Grütti natürlich jeden € gönne. Ich hätte aber auch Peter Freier den Einzug in den Landtag gewünscht. Positiv: Die CDU-Skandalnudel Volker Hoff ist nun entministert. Frag mich nur, wieso Koch den solange gehalten hat. Das erinnert mich wiederum an die Parteispendenaffäre und seine Nibelungentreue zu Kanther und bestärkt mich in meiner kritischen Position zu Koch.

Das Kultusministerium ist für die FDP eine echte Chance. Mit Doris Henzler steht eine engagierte Fachfrau diesem Ministerium vor. Doris wird oftmals unterschätzt, was ihre Kompetenz auf diesem Gebiet und ihre Durchsetzungsfähigkeit betrifft. Für die FDP ist es die Chance, Ihr Profil als Partei für "Bildung, Bildung, Bildung" (Slogan der FDP-OF) zu stärken. Natürlich ist es auch ein vermientes Gelände. Aber eigentlich kann es nur besser werden...

Ganz besonders freut mich die Wahl von Florian Rentsch zum Fraktionsvorsitzenden, auch weil er sich für eine gerechtere Lärmverteilung rund um den Flughafen ausgesprochen hat. Besonders wichtig erscheint mir, dass er neben den 3 auf manche sehr nüchtern wirkenden FDP-Ministern, einen Farbtupfer bildet (und intellektuell sowie rhetorisch in der Lage ist, mit Tarek zu konkurrieren). Das ergänzt sich gut. Ein Stück weit Farbtupfer ist sicher auch die neue Staatssekretärin Nicola Beer, die als Landtagsabgeordnete unsere "Betreuungsabgeordnete" war. Wir wünschen ihr von Herzen viel Glück! Hoffnungen setze ich auch auf Leif Blum (Foto: beim Sommerfest der FDP-Offenbach im Best Western Macrander am Kaiserlei - auf der Weltrekord-Hebebühne), den neuen parlamentarischen Geschäftsführer, ein echtes Talent.

Grundsatzprogramm der FDP

Vor einigen Tagen fand die Liberale Tafelrunde des Liberalen Mittelstandes mit Michael Kauch statt. Thema: Klimaschutz. Für die morgige Debatte zum Thema Staudinger im Stadtparlament bin ich also gut gewappnet;-) Michael, mein ehemaliger JuLi-Bundesvorsitzender, ist für mich einer der intelligentesten Leute der Bundestagsfraktion. Ein Vordenker, von denen es viel zu wenige gibt - in allen Parteien.

Ich war seinerzeit "sein" von ihm zunächst nicht gewünschter stv. Bundesvorsitzender für Programmatik im Bundesvorstand. Natürlich war er der eigentliche Programmatiker, der für die JuLis etwa in der Kommission saß, die die Wiesbadener Grundsätze der FDP entwickelte. Gemeinsam auch mit der "stv. Programmatikerin" im Vorstand Susanne Kayser haben wir unsere Nuancen in das dieses Grundsatzprogramm gebracht und dabei auch dessen Richtung geändert.

Stolz bin ich immer noch auf diese Kayser/Stirböck-Passage aus der Präambel des Programms: "Die Gefälligkeitspolitik zeigt sich auch im Umgang mit den Bürgerrechten. Statt die Ursachen von Regelverstößen anzugehen oder bestehende Gesetze durchzusetzen, werden Regeln symbolisch verschärft. In allen Parteien suchen sozialdemokratische Konservative und konservative Sozialdemokraten ihren politischen Erfolg in der Konkurrenz um die bessere Fortsetzung des falschen Weges. Eine politische Kraft ist notwendig, die unbeirrt durch den Zeitgeist die Dinge beim Namen nennt und für ihren Weg wirbt: Für den Weg in die offene Bürgergesellschaft." In Wiesbaden konnten wir diese Formulierung in das Programm reinbeantragen. Zuvor hatte der Programmentwurf des Bundesvorstandes die Warnung der Gefälligkeitspolitik nämlich lediglich auf die Wirtschaftspolitik bezogen und unseren Änderungsvorschlag abgelehnt.

Das war seinerzeit durchaus eine bewusste Strategie des Teams Gerhardt/Westerwelle, um die FDP vor allem auf dem Gebiet der Wirtschaftspolitik zu profilieren. Während Westerwelle unabhängig von der seiner damaligen Schwerpunktsetzung jedoch recht konsequent für Bürgerrechte eintrat, gehörte Gerhardt eher zu denjenigen, die zumindest manchen, in der Partei hochgehaltenen Bürgerrechten kritisch gegenüberstanden und sie abräumen wollte (z.B. Lauschangriff). Hört man heute Gerhardts Reden, kann man dies kaum glauben. Fairerweise muss man allerdings sagen, dass Gerhardt mit Ausnahme des genannten Themas, nie an vorderster Front gegen Bürgerrechte kämpfte und nach dem von ihm gewonnenen und im wesentlichen initiierten Mitgliederentscheid zum Lauschangriff, die Bürgerrechtler in der FDP einzubinden versuchte.

Heute wollen vor allem Junge Liberale ein neues Grundsatzprogramm. Mein "Autorenstolz" lässt es natürlich nicht zu, das gut zu finden;-) Im Ernst: ich halte unser Grundsatzprogramm weiterhin für zeitgemäß. Gerade im Zeichen der Krise. Eine "Fortschreibung" von Wiesbaden ist für mich zu früh. Ich habe bisher auch wenig Gedanken gelesen, die eine neue Diskussion rechtfertigen würden. Sicher: Angesichts neuer Entwicklungen kann man liberale Grundsätze unter neuen Überschriften und Aspekten formulieren. Neue Antworten grundsätzlicher Art sehe ich nicht. Lasse mich aber gerne überzeugen.