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Dienstag, 30. November 2010

Zwischenruf: Die faktische Irrelvanz der Maulwurfaffäre, das Versagen der klassischen Medien und der wahre Guido

Die FDP hat also einen kleinen Guillaume, das sagt Walter Hirche, ein sehr von mir geschätzter niedersächischer Landespolitiker. Da halte ich es lieber mit seinem seinerzeitigen Intimfeind Jürgen W. Möllemann: "Man soll doch mal die Hirche im Dorf lassen": der Spion hat der amerikanischen Botschaft nichts anderes gesagt als, was während der Verhandlungen Heerscharen von Verhandlern und deren Kamarillas den Medienvertretern in Hintergrundgesprächen "unter 3" oder gar "unter 2", also zur "Nicht-Verwertung" oder zur "Verwertung ohne Quelle", ins Blöckchen diktiert haben. Irgendwelche Botschaftsangehörige haben daraus - wie es ihr Job und ihre Art ist - wichtigtuerische Vermerke produziert. Das ist nichts Schlimmes.

Das Problem ist: Durch Wikileaks erhalten die Vermerke jetzt eine Autorität, die ihnen nicht gebührt. Daran ist nicht Wikileaks schuld. Es stellt nur Informationen zur Verfügung, die auf verbrecherische Art und Weise geleakt wurden. Aber wo Wikileaks aufhört, müssten die Medien anfangen. Die Einordnung der Informationen wäre Aufgabe der Medien. Anstatt herauszuarbeiten, dass es sich dabei nicht um Positionen der US-Regierung handelt, sondern - am Beispiel Guido Westerwelle - um Einschätzungen von Botschaftsmitarbeitern zum Zeitpunkt vom 14.9.2009, fabrizieren Medien Überschriften wie "So denken die USA über Politiker". Im Präsens statt im Präteritum. "Die USA" statt "Botschaftsangehörige"

"In the eyes of the foreign policy community, he is no Genscher", heißt es im Dossier von eben diesem Datum - zu einem Zeitpunkt als Guido noch nicht einmal das beste Wahlergebnis  in der Geschichte für die FDP geholt hatte. Auch auf die Tatsache, dass es sich um eine Einschätzung Westerwelles von amerikanischen Diplomaten VOR der Amtsübernahme handelt, gehen die Medien in ihrer Berichterstattung so gut wie nicht ein. Ich wage die Behauptung, dass die außenpolitische Community über Genscher vor dessen Amtsantritt, wahrscheinlich sogar noch ein Jahr danach, auch geschrieben hätte "he is no Genscher". Denn  Genscher war auch nicht von Anfang an das Idol, wegen dem ich in die FDP eingetreten bin. Er brauchte einige Zeit, um im Ministerium Fuß zu fassen. Er war zuvor Innenminister, ohne Bindung zu den außenpolitischen Kreisen der Bonner Republik.

Ob Guido Westerwelle jemals ein in Deutschland anerkannter Außenpolitiker wird, kann ich nicht beurteilen und ist hierbei unwichtig. Die Medien versagen aber bei der Einordnung der Wikileaks-Dokumente. Der Bild-Blog spiegelt genial Fehler der Bild-Zeitung und verfolgt sie für zweifelhafte Machenschaften. Es wird an der Zeit, dass es einen akzeptierten Medien-Blog gibt, der die Medien insgesamt kritisch hinterfragt. Nicht weil ich ein grundsätzlicher Gegner der Medien wäre, im Gegenteil. Aber Journalisten sind keine Halbgötter mit Griffel. Denn selbst die so genannten Qualitätszeitungen, die als Nachrichtenmagazine firmierenden Meinungsmagazine sowieso, die angeblich linksliberalen, in Wirklichkeit linken Zeitungen ganz besonders, ordnen Informationen teilweise nicht in die reale Situation, sondern in ihr Weltbild ein. Faktenlage? Nein Danke! Die Focussierung der Medienkritik auf Springer und BILD hat was mit der allgemeinen Akzeptanz der von den Alt68ern aufgestellten politischen Regeln und deren Alleinvertretungsanspruch für politische Legitimität und Moral zu tun - aber nichts mit der Realität. Und so ist etwa "Die Welt" heute im Vergleich zur "Süddeutschen" beinahe eine Qualitätszeitung.

Würden sich die Medien ernsthaft mit den Dokumenten in Wikileaks beschäftigen, dann würden sie sich ernsthaft damit auseinandersetzen, dass Westerwelle von den Diplomaten trotz transatlantischer Rhetorik alles andere als ein Erfüllungsgehilfe Washingtons beschrieben wird. Aber das könnte ja nicht in das sich linksliberale gebende, linke Weltbild passen.

Politisch irrelevant, aber - wie ich finde - interessant die Einschätzung der Botschafter über die Unterschiede zwischen Westerwelles öffentlichem Auftritt und seinem Auftreten jenseits dessen: "In front of the camera, Westerwelle comes across as serious, sharp, and calculating, and almost comical at times with what is perceived as a very exaggerated presence. In person, people say Westerwelle is very gallant, funny, and sarcastic." Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang gerne an einen, eigentlich sehr privaten, aber dennoch öffentlichen Auftritt Westerwelles vor rund 200 Jungliberalen bei der Party ihres Bundeskongresses Ende der 90er Jahre in Köln. Mit dem damaligen Bundesvorsitzenden der JuLis, Michael Kauch, legte Westerwelle einen spontanen, kabarettistisch anmutenden und teilweise frivolen Dialog hin. Selten so herzhaft gelacht und gejohlt. Schade, dass es damals noch keine Handycams & Youtube gab. Und schade, dass wir alle in der politischen Auseinandersetzung dazu neigen, immer mal anders zu sein als wir selbst.

Dienstag, 11. Mai 2010

Zwischenruf: Keine falschen Loyalitäten - nur Ampeln können die FDP vor Merkel schützten!

Anfang des Jahres habe ich Schwarz-gelb als großes Missverständnis bezeichnet. Spätestens jetzt ist jede Hoffnung auf ein "bürgerliches Projekt" mit dem zu erwartenden Wahlausgang in NRW dahin.

Meine - etwas provokative - These: will sich die FDP in Berlin jetzt nicht selbst marginalisieren, muss sie dafür sorgen, dass sie in den Ländern möglichst flächendeckend Koalitionspartner wird - am besten schon jetzt im Schlüsselstaat NRW und am besten immer ohne CDU. Denn wenn Merkel die FDP inhaltlich klein halten will, muss die FDP die Union in den Ländern marginalisieren. Nur Ampeln können die FDP vor Merkel schützten.

Das könnte eine Win-Win-Win-Situation werden: Die SPD schwächt Merkel, die Grünen können sich von Volksfront-Koalitionen lösen. Und die Liberalen erhöhen ihren Einfluss auf die Koalitionspolitik auf Kosten der Union.

Ich kenne selbst aus meiner Heimatstadt die "aus der Not geborene", weil nicht angestrebte, realexistierende "Ampel" zu gut, um sie als Modell zu anzupreisen. Ich kann andererseits aber auch nicht verstehen, dass in einer Zeit, in der die ideologischen Unterschiede der Parteien teils bis zur Unkenntlichkeit verwischen, Koalitionen nur mit einer Partei möglich sein sollen. Wahrscheinlich versucht die Politik insgesamt, die - im Vergleich zu den 50er-70er Jahren - veschwommenen ideologischen Grenzen durch umso lautere rhetorische Demarkationslinien künstlich hochzuzüchten.
 
Meine Sozialprognose für die Liberalen: Die FDP taktiert, statt strategiert und hofft in NRW auf den Ypsilanti-Effekt. Flächendeckend kommt es zu großen Koalitionen und Linksbündnissen. Merkel wird die FDP in Berlin dauerdüpieren und  die sozialkonservative Republik ausrufen. Guido darf ins Ausland fahren und seine Partei ein bisschen rumpelstilzen lassen.


Lieber Guido, keine falsche Loyalität zu Frau Merkel!

Freitag, 19. März 2010

Zwischenruf: Die Kubickis: Überflüssig wie ein Kropf

Die aktuelle Diskussion um einen möglichen Westerwelle-Nachfolger ist ein gutes Beispiel dafür wie Medien funktionieren. Und warum die Kubickis dieser Welt für Führungsaufgaben nicht geeignet sind.

Montag, 22. Februar 2010

Zwischenruf: Warum Merkel kein Machtwort gegenüber Westerwelle ausspricht

Merkels Machtwort bleibt aus - lese ich auf heute.de. Ich bin der letzte, der Merkel verteidigen will. Aber die Überschrift ist journalistisch schwach.

Montag, 15. Februar 2010

Zwischenruf: Es sind nicht meine Worte - aber sie waren gut!

Die Wortwahl Westerwelles entspricht nicht derjenigen der Bundeskanzlerin, lässt das Kanzleramt mitteilen. Bayerns FDP-Chef Zeil sagt: "Das sind nicht meine Worte". Würde Merkel manchmal mehr klare Kante zeigen, hätte man möglicherweise auch den Eindruck haben, die Bundeskanzlerin führt. Neigte Zeil zu klareren Worte, wäre er vielleicht Bundesvorsitzender der FDP.

Samstag, 13. Februar 2010

Aufforderung zum Querdenken und Macht teilen

Ein FDP-Politiker beklagt sich über Westerwelles angebliche "Denkverbote", ein anderer fordert Westerwelle "zur Machtteilung" auf und schlägt - sich selbst nicht nennend, aber meinend - für eine "größere Rolle" Christian Lindner und „einige Landespolitiker“ vor. Die Welt entblödet sich nicht die Frage zu stellen, "sollte Westerwelle die verantwortung in der FDP auf andere Spitzenmitglieder verteilen? - JA eine Partei sollte nicht nur auf eine Person setzen. NEIN, als Chef sollte er alle Fänden in der Hand halten". Ich bin irritiert.

Mittwoch, 6. Januar 2010

Eine kleine Dreikönigsgeschichte: Wir hatten die Totenglocken läuten hören!

Es muss das Stuttgarter Dreikönigstreffen 1997 gewesen sein. Der Stern-Journalist Hans-Martin Tillack ätzte nach der Westerwelle-Rede mir gegenüber in der Lobby: "So stellt man sich die Rede eines Parteivorsitzenden vor". Zur Information für die Spätgeborenen: Damals war Wolfgang Gerhardt Parteichef und Guido sein General.

Montag, 14. Dezember 2009

Christian Lindner - der erste intellektuelle Generalsekretär seit Karl-Hermann Flach

Mein Anforderungsprofil an die Position des Generalsekretärs der FDP in der jetzigen Situation ist eine seltene Mischung von "Einstellungskritierien". Ich verlange von einem Generalsekretär der FDP jetzt im Wesentlichen, dass er über den Tag hinaus denken, also vordenken, kann. Und dass er in der Lage ist, die FDP auch gegenüber dem politischen Gegner deutlicher zu profilieren als dies ein Regierungsmitglied im Allgemeinen und ein Chefdiplomat im Besonderen kann. Wobei nicht unbedingt ein Lautsprecher gefragt ist - man kann auch mit leisen oder zumindest leiseren Tönen Profil bilden. Wenn man es kann. Dirks Haudrauf-Rhetorik hatte immer schon ihre gewisse Qualität. Ich vermute aber Karl-Hermann Flach pflegte leisere Töne und sorgte dennoch für Sichtbarkeit der Liberalen. Sichtbarkeit kann auch durch kluge Gedanken allein erwachsen.

Dienstag, 29. September 2009

Die FDP ist jetzt eine Mittelpartei. Und kann es bleiben!

Die Bundestagswahlen haben den Trend von rund 90 Prozent der Wahlen seit Amtsantritt des FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle bestätigt: Die FDP wächst. Das bestätigt auch den Kurs Guidos. [Es freut mich auch, dass die hessische FDP das so sieht. Das war - aus sehr nachvollziehbaren Gründen - nicht immer der Fall; FAZ vom 4.1.01: "Gemeinsam ein gutes Team" Hessische FDP-Politiker stärken Parteivorsitzendem (Gerhardt) den Rücken"; nur ein einzelner für eine Doppelspitze Westerwelle (Partei) /Gerhardt(Fraktion)...].

Die FDP hat damit auch einen weiteren Trend bestätigt: Sie ist jetzt eine Mittelpartei. Hinter dem sogenannten "Projekt 18", dessen durchaus ernst zunehmende politologische und soziologische Fundierung leider in der künstlichen Antisemitismus-Diskussion um Möllemann- und Friedmann-Äußerungen und vielleicht auch wegen seiner etwas zu klamauikgen Umsetzung in Vergessenheit geriet, stand nämlich die Analyse der Auflösung der klassischen, die beiden großen Volksparteien tragenden Milieus (Gewerkschaftsorientierung/Kirchenbindung). Diese Auflösung ermöglicht es Parteien ohne eine solche Milieu-Bindung in neue Regionen vorzustoßen, wenn diese Parteien wiederum sich öffnen. Oder wie ich es vor einigen Monaten schrieb: Volkspartei FDP? Volkspartei!

Das Phänomen der Mittelpartei ist für Deutschland recht neu. Gewöhnt sind wir seit der ersten Bundestagswahl 1949, dass zwei recht große Parteien dominieren und erst mehrere, dann nur noch eine und dann wieder mehrere kleine Parteien als Mehrheitsbeschaffer fungieren. Betrachtet man viele andere europäische Staaten ist dies kein Naturgesetz: In den Niederlanden, in Österreich, in Dänemark erzielen sehr unterschiedlich geprägte, ehemalige "Kleinparteien" teils seit den 70ern Jahren, teils seit den 90er Jahren große Erfolge und etablierten sich als Mittelparteien. Nun können weder die Ressentiments schürende FPÖ noch die doch recht konservativen VVD oder Venstre eine Blaupause für die FDP darstellen. Doch sie zeigen, dass es ehemals kleinen Parteien gelingen kann, in die Phalanx der großen dauerhaft vorzudringen.

Schon am Wahlabend kommentierten viele: Der Erfolg der FDP ist nur dem schlechten Zustand der CDU, der großen Koalition und der recht langen Regeneration in der Opposition geschuldet. Sicherlich waren dies entscheidende Faktoren für den Wahlerfolg. Aber die Beispiele unserer Nachbarn - gerade der niederländischen VVD - belegen: Trotz langer Regierungsbeteilung und internem Richtungsstreit kann man sich als Mittelpartei halten, wenn man einmal in diese Regionen vorgedrungen ist. Dies erfordert freilich auch ein gewisses Geschick in der strategischen Positionierung und gerade bei der Auswahl des Führungspersonals.

Als etablierte Mittelpartei erhielte man neue Freiheiten und wirkliche Unabhängigkeit. Die "rechtsliberale" VVD konnte sich sogar in der "lila Koalition" mit der Arbeiterpartei und den Linksliberalen von D66 zunächst (von 19) auf 24 % steigern! Etabliert sich die FDP als Mittelpartei, dann gewinnt sie perspektivisch auch neue Koalitionsoptionen, weil sie als glaubhafter, gleichwertiger Machtfaktor "auf Augenhöhe" und nicht mehr nur als Mehrheitsbeschaffer und Steigbügehalter gesehen wird. Diesen neuen Status muss sich aber auch die neue Mittelpartei FDP erst erarbeiten. Der Partei in die Hände spielen würde es dabei, wenn sich der Trend der Abkehr von den großen Volksparteien fortsetzte. Die künftige Stärke der FDP ist damit auch von der künftigen Stärke der Grünen und der Linken abhängig. Das 5-Parteiensystem kann entgegen der vorherrschenden Meinung die Bedeutung und Unabhängkeit der FDP steigern helfen. Lafontaine und Gysi als nützliche Idioten der FDP - auch das ist eine Perspektive;-)

Entscheidend ist, dass die FDP die für sie abgegeben Stimmen auch selbst mental nicht mehr als "Leihstimmen" empfindet. Dann werden auch die Wähler in ihrer Gesamtheit ihre Stimmen für die FDP nicht mehr als "Leihstimmen" oder als "Koalitionsstimmen" sehen. Bis dahin ist es sicherlich noch ein weiter Weg. Doch traue ich es Westerwelle & Co zu, die neuen FDP-Wähler ein Stück weit an die FDP zu binden: So dass eines Tages die Loyalität gegenüber der FDP mehr bedeutet als eine Lagerloyalität. Erst dann bildet die FDP ein eigenes Lager.Die Chimäre vom Stammwähler bleibt in diesem Jahrzehnt aber eine Chimäre.

Sonntag, 20. September 2009

Die Koalitionsaussage, n-tv und die FDP

Mir liegt es fern Medienschelte zu betreiben, zumal ich aus den 90ern ganz anderes gewöhnt bin. Damals prognostizierte fast die gesamte Medienlandschaft das Ende der FDP - oft auch im Bericht und nicht nur im Kommentar.

Trotzdem: Schon etwas seltsam mutet der aktuelle n-tv-"Bericht" vom Parteitag an.

Dort heißt es unter dem Titel "Absage an Ampel - FDP bekennt sich zur Union": "Die FDP hatte sich in der Vergangenheit immer mal wieder als Fähnchen im im Wind präsentiert. Sollte Schwarz/Gelb die Mehrheit verfehlen, werden die Karten wohl auch diesmal neu gemischt." Nun mag der "Berichterstatter" meinetwegen als "Kommentator" fungieren. Auch wenn das journalistisch unsauber ist. Woher er jedoch seine "Weisheit" vom "Fähnchen im Wind" nimmt, bleibt jedoch fragwürdig.

Mag sich der noch recht jung klingende Journalist vielleicht an die angeblichen Umfaller 1982 (Bonner Wende) und 1961 (Koalition mit Adenauer trotz Wahlaussage "CDU ja, Adenauer nein") erinnern? Wahrscheinlicher ist jedoch, dass ihn die bei der Gremiensitzung aufgestellten FDP-Fähnchen zu der Bemerkung inspiriert haben. Ist ja so ein tolles Mittel des TV-Journalismus. Für so schlichte Assoziationen sprechen auch des Journalisten platte Formulierungen wie "Die Kanzlerin kann aufatmen" (über die Koalitionsaussage - als würden ihr die Beine schlottern vor der Vorstellung, die FDP könne sich anders entscheiden) und vom "Duz-Freund Westerwelle" (als wäre nicht das halbe politische Berlin per Du).

Näherliegender jedenfalls wäre gewesen, sich an Westerwelle 2005 (man denke vor allem diese denkwürdige Runde nach der Wahl) oder die hessische FDP 2009 erinnern. Beide waren gegenüber dem massiven Werben von SPD und Grünen standhaft geblieben.

Wenigstens der Binnenpluralismus beim Sender funktioniert: Im Internet kommentiert Hubertus Volmer jedenfalls: Die Öffentlichkeit hält Politiker gern für verlogen. Auch die SPD scheint von Westerwelles Wahrhaftigkeit nicht restlos überzeugt zu sein. Das ist ein Fehler. Die FDP wird in der kommenden Legislaturperiode ebenso wenig mit der SPD koalieren wie diese mit der Linkspartei. Letzteres mag in vier Jahren anders aussehen. Doch derzeit führt der einzige Weg in die Regierung für die SPD über Verhandlungen mit der Union.

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Doch: Das Video der 2005er-Elefantenrunde

Montag, 14. September 2009

Die Angst vor dem Genschereffekt

Das gestrige Kanzlerduell war eine Farce. Zwei Parteien tun so als hätten sie einen automatischen Anspruch darauf, den Kanzler zu stellen. Ich habe nie verstanden, warum eine kleinere Partei keinen Kanzlerkandidaten aufstellen darf. Und ich werde nie verstehen, warum öffentlich-rechtliche Sender den Kanzlerkandidatenalleinaufstellungsundkanzleralleinstellungsanspruch von SchwarzRot auch noch folgen. Ich habe aber eine sehr genaue Vorstellung davon, warum sich Merkel und Steinmeier weigern, mit Westerwelle, Lafontaine und Trittin zu diskutieren. Das Spitzenkandidatenduell 1980 ist mir nämlich noch in prägender Erinnerung. Dort punktete eine glänzend aufgelegter Genscher gegen einen schwachen Schmidt und einen straußigen Strauß. Und zeigte sich als der Oberelefant in der damals so genannten "Elefantenrunde". Ich glaube übrigens auch eine solche Runde hätte auch 2009 noch mehr Pepp! Gibts aber nicht: aus Angst vor dem Genscher-Effekt.

Montag, 7. September 2009

Wahlkampfmobil?

Eben rief mich ein Journalist an und fragte, ob unsere Bundestagskandidatin ein Wahlkampfmobil fährt. Im 2002er Wahlkampf wurde Guido für sein Guidomobil bekanntlich stark gescholten. Also Vera Langer fährt keins [aber Auto fahren kann sie - ob Einparken weiß ich natürlich nicht;-)]. Mittlerweile fährt ja auch jeder so ein Teil, Wahlkampfmobile sind Mainstream, sind langweilig geworden. Das ist dann wohl die Demokratisierung des Spaßwahlkampfs. Oder anders ausgedrückt: Der Spaßwahlkampf ist überall angekommen.

Es gab übrigens bei den Bundestagswahlen 2002 und 2005 ein gerne fotografiertes "olliemobil". Dieses besonders schöne Gefährt hat auch irgendjemand bei Flickr eingestellt.

Sonntag, 17. Mai 2009

Schnarris Triumph - ein Tag zum gelb unterstreichen?

Vor wenigen Tagen erreichte mich eine e-Mail des Landesverbandes mit einer "Kungelliste". Darauf waren Namen aller bekannten Kandidaten für den Bundesvorstand vermerkt; die einen gelb markiert und die anderen nicht. Ich verrate damit kein Kungelgeheimnis: Die gelb markierten gehörten zur so genannten "Südschiene". Die Bitte des zur "Südschiene" gehörenden Landesverbandes: Alle Kandidaten der Südschiene wählen.

Da Guido Westerwelle aus Nordrhein-Westfalen kommt, war also etwa Guido nicht gelb markiert. In meinem Twitter-Channel spottete ich daher, kein Wunder, dass Guido keine 100 % erzielt hat, er war ja in Hessen nicht gelb markiert. Das war natürlich nicht ernst gemeint. Zumal unser Landesvorsitzender mündlich nachgeschoben hat, dass Guido wie alle anderen Präsidiumsmitglieder bitte zu wählen sind und es in Hessen sowieso fast genauso viele Guido-Fans gibt wie anderswo. Davon abgesehen ist der gewöhnliche Liberale ja auch Individualist. Vorschläge des Landesverbandes sind da mal, ich drücke mich mal so aus, etwas was wir in unserem Geiste bei unserer Abwägungsentscheidung positiv miterwägen und in unserem Herzen bewegen.

Das erstaunliche für mich aber ist immer noch die die gelbe Markierung über einem Namen: Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Das ist zwar in der Südschinenlogik keine Überraschung. Denn Bayern ist unumstritten ein Land des Südens. Zudem gehört sie mit Jörg-Uwe als bayrische Landesvorsitzende auch zu den Wahlgewinnern. Und selbst Hans-Joachim Otto, sicher kein "Freiburger", wie die Bürgerrechtler um Schnarri sich bezeichnen, nannte sie - fast emphatisch - im Bezirksvorstand eine "geschätzte Kollegin" und "wohl eine der fleißigsten Bundestagsabgeordneten". Trotzdem ist dieser virtuelle Marker eine kleine Sensation. Auch weil die hessischen Delegierten ihn nicht einmal kritisch kommentierten.

Es dürfte rund 10 Jahre her sein. Da forderten die hessischen Großkopferten, ich schreibe jetzt nicht, wer die Scharfmacher waren, "Schnarre" (Kritikerjargon) doch bitte schön nicht zu wählen. Bei einer offenen Probeabstimmung unter den hessischen Bundesdelegierten "trauten" sich gerade mal 2 Delegierte - ich war dabei... - zuzugeben, dass sie die liberale Bürgerrechtsikone wählen werden. Als ich danach beim geheimen Wahlgang bei den Hessen stand, sah das dann freilich schon ein wenig anders aus. Allein in meiner näheren Umgebung raunten sich mehrere zu, doch Schnarri zu kreuzen - eigentlich damals ein echtes No Go in Hessen.

Schnarri war seinerzeit sowas wie die Führerin des Reich des Bösen im Liberalismus - für die hessische FDP. Hatte ich noch recht junger Liberaler bei ihrem Rücktritt als Ministerin wegen ihrer Niederlage beim Mitgliederentscheid zum Lauschangriff auf meinen Anrufbeantworter "Sie ist weg. Und ich bin so allein, allein" (fanta4) gespielt, war dieser Tag für einen Großteil der Hessen- Liberalen, ein Tag zum blau-gelb unterstreichen. In so genannten "kleinen Wanzenbaletts" (das "große" bestand aus Schnarri und van Essen) waren zuvor ein FDP-Justizpolitiker namens Jörg-Uwe Hahn und der Autor dieses Artikels durch Hessen gereist und hatten streitig über den Lauschangriff podiumsdiskutiert. Ich war nicht etwa deshalb der Counterpart Jörg-Uwes, weil ich eine so bedeutende Stellung im Hessischen Landesverband innegehabt hätte oder gar ein profilierter Justizpolitiker gewesen wäre. Ich war einfach der einzige D-Promi, der diese exotische Position vertrat. A-, B- oder C-Promis fielen bei dem Thema in Hessen auf Schnarris Seite aus.

Nun hat der Bundesparteitag zum zweiten Mal in 5 Jahren einen Antrag beschlossen, der sich gegen den Großen Lauschangriff ausspricht - sogar mit deutlicher Mehrheit. Ich bin nun der Meinung, dass dieses damals von den Befürwortern als "elektronische Raumüberwachung Schwerstkrimineller" bezeichnete Instrument trotzdem auch von der FDP wohl nicht mehr abgeschafft werden wird. Und ich weiß auch nicht, ob das wirklich nötig ist. Ich gebe aber zu: Es ist eine klammheimliche Freude, wenn der Bundesparteitag "die Abschaffung des Lauschangriffs" beschließt. Ich bin nicht mehr allein! Nicht einmal in Hessen. Ein Tag zum gelb unterstreichen.

Sonntag, 10. Mai 2009

Immer ein bisschen Guido!

Folgendes Interview zum Stil im Parlament habe ich letztens gelesen

WESTERWELLE: Es ist schlechterdings in meinem Innersten nicht vorgesehen, dass ich im Bundestag mit respektloser Kleidung auftrete. Schlampiges Äußeres würde die große Ehre, unser Volk vertreten zu dürfen, schmälern. Ich wundere mich gelegentlich wie sich Kollegen ans Rednerpult trauen. Wollen die auf einer Studentenparty eine Runde schmeißen oder eine Rede im Hohen Haus halten? Ich weiß: Bücher soll man nicht nach ihrem Einband bewerten. Aber: Umgangsformen, Höflichkeit, Respekt und Manieren sind mir wichtig.

Frage: Dann Duzen Sie andere wohl auch nicht so schnell?

Sky du Mont: Nein, mich stört es auch, wenn man in Deutschland vom Kneipier bis zum Politiker den Nachnahmen ohne Herr oder Frau nennt.

WESTERWELLE: Obwohl ich Angela Merkel privat duze, ist sie im Plenum für mich Frau Bundeskanzlerin. Da geht es um das Amt, um die Würde, und nicht um private Thekengespräche.

Im Offenbacher Stadtparlament....

hat längst die Schluffi- und DUZ-Kultur-Einzug gehalten. Auch wenn ich nicht soweit gehen würde, dass in meinem Innersten nicht vorgesehen ist, im Stadtparlament mit "respektloser Kleidung auftreten". In dieser Hinscht waren zwar der Vorreiter die Grünen. Aber die Nachahmer u.a. junge Liberale...., u.a. der Autor dieses Artikels, der aber mittlerweile von diesen Jugendsünden weitgehend sich befreit hat;-) Ein bisschen Guido ist also in mir. Allerdings ist das mit dem Begriff der "respektlosen Kleidung" so eine Sache. Meint man damit Anzug und Schlips? Oder dass es nach Kriterien eines Modemagazins gut aussieht? Zumindest nach letzerem Kriterium würde ein "Style-Check" sicherlich ein verheerendes Ergebnis mit sich bringen....

Die Duz-Kultur hingegen haben weniger die Grünen als vielmehr Gerhard Grandke eingeführt. In dieser Hinschicht war ich nie Gerhard, sondern immer schon Guido. Doch die "alte Schule" ist mittlerweile eine Minderheit. Wobei ich zugebe, dass es schon ein wenig bemüht ist, gute Freunde (auch die gibt es im Parlament...) plötzlich mit "Sie" anzusprechen. Nur einmal rutschte mir in einer Parlaments-Debatte die "liebe Heike" (Habermann) raus. Als sich die Koalitonäre mit nur nett garnierten Worten im Parlament selbst zerlegten. Prompt nahm dies die FR zum Anlass über die "liebe Heike, "den lieben Peter" und den "lieben Ollie" zu spotten.

In der vorletzten Sitzung nun beschrieb die OP wie der Oberbürgermeister Horst Schneider vom "Ollie" spricht und der wiederum vom "Herrn Oberbürgermeister". Was so ungefähr das Verhältnis von Kapitän Ballack und Prinz Poldi ausdrücke. Mögen würden sich die beiden wahrscheinlich genausowenig...

Ich bin in der Tat der Meinung, dass es die Öffentlichkeit nicht interessiert, ob "der Herr Oberbürgermeister und ich" uns nun mögen oder nicht. Tatsache ist, dass ich vieles an seiner Politik nicht mag. Trotzdem verdient er natürlich den Respekt des Amtes. Auch da bin ich wieder Guido. Wie immer auch meine Thekengespräche mit "dem Herrn Oberbürgermeister" aussehen.

Mittwoch, 21. Januar 2009

Westerwelle, Dette und Palmer

Einen eigenen FDP-Kanzlerkandidaten aufzustellen sei die Schraube ein Stück weit überdreht, sagte Guido Westerwelle in Düsseldorf 2001. 2002 wählten die Delegierten Westerwelle eben genau auf dieses "virtuelle Amt". Das damit verbundene Projekt 18 scheiterte. Damit scheiterte auch die Figur des Kanzlerkandidaten. Und fast Westerwelle.

Völlig jenseits des sensationellen Wahlergebnisses der FDP in Hessen, dessen Sondersituation aufgrund des Wortbruchs der SPD und eines notorisch unbeliebten Ministerpräsidenten ich sehr wohl einzuschätzen weiß: Ich habe nie verstanden, warum eine kleinere Partei keinen Kanzlerkandidaten aufstellen darf. Sicher, bei der Sektiererin Helga Zepp La Rouche von der Europäischen Arbeiter Partei (später: Patrioten für Deutschland/BüSo) war das etwas affig als sie 1980 als "Kanzlerkandidatin" antrat und sich für eine Koalition mit Helmut Schmidt aussprach.

Aber warum soll eine Partei, die im Bundestag vertreten ist, nicht zeigen, wen sie zum Kanzler machen würde, wenn sie denn stärkste Partei wäre (gar nicht davon zu sprechen, dass in anderen Staaten auch mal die Vertreter kleinerer Parteien den Regierungschef stellen). Es kandidiereren ja auch landauf, landab liberale und grüne Direktkandidaten für Parlamente und Bürgermeisterkandidaten, die oft wenig Chancen haben. Sicher: der Bürger kann dort direkt für eine Überraschung sorgen und wählt den Kanzler nicht direkt. Das mag einen Erfolg für kleine Parteien schwieriger machen. Ein Argument ist es nicht. Denn die so genannten "Kanzlerkandidaten" aller Parteien sind nicht mehr als Ansagen der Parteien. Es würde die Position des Kanzlerkandidaten sogar von seiner absurden medialen "Erhöhung" reduzieren, wenn FDP, Grüne und Linke ihren Spitzenkandidaten auch als "Kanzlerkandidaten" benennen würden.

Dann muss sich freilich etwa auch ein Guido mit den Merkels und Steinmeiers messen lassen. Ich finde er hält den Vergleich gut aus. Andere werden dies sicher anders sehen.

Damit Sie mich nicht für übergeschnappt halten, schreibe ich es hier noch einmal: Für einen liberalen Kanzler auf Bundesebene sehe ich trotzdem die Zeit noch lang nicht gekommen. Auch wenn das Parteiensystem viel variabler geworden ist und sowohl FDP als auch Grüne gute Chancen haben, sich perspektivisch als "Mittelpartei" zu etablieren.

Auf kommunaler Ebene gibt es aber sicher verstärkt die Möglichkeiten für kleinere Parteien in Personenwahlkämpfen erfolgreich zu sein und etwa auch in den Städten den Oberbürgermeister zu stellen. In Wetzlar regiert beispielsweise der liberale Dette, in Freiburg der grüne Palmer. Wer sich das Spitzenpersonal der Parteien auch in anderen Städten ansieht: die Dezernenten der kleinen Parteien brauchen sich im Hinblick auf Kompetenz und Rückhalt in der Bevölkerung vor den Großen wahrlich nicht zu verstecken.

PS: Die Grundlagen des Projekts 18 ("Öffnung der FDP für´s ganze Volk" und "Eigenständigkeit") halte ich weiter für richtig - ebenso wie die Annahme des fehlenden Bindungswirkung der großen Volksparteien durch die Auflösung der sie tragenden Milieus.