Sonntag, 17. Mai 2009

Schnarris Triumph - ein Tag zum gelb unterstreichen?

Vor wenigen Tagen erreichte mich eine e-Mail des Landesverbandes mit einer "Kungelliste". Darauf waren Namen aller bekannten Kandidaten für den Bundesvorstand vermerkt; die einen gelb markiert und die anderen nicht. Ich verrate damit kein Kungelgeheimnis: Die gelb markierten gehörten zur so genannten "Südschiene". Die Bitte des zur "Südschiene" gehörenden Landesverbandes: Alle Kandidaten der Südschiene wählen.

Da Guido Westerwelle aus Nordrhein-Westfalen kommt, war also etwa Guido nicht gelb markiert. In meinem Twitter-Channel spottete ich daher, kein Wunder, dass Guido keine 100 % erzielt hat, er war ja in Hessen nicht gelb markiert. Das war natürlich nicht ernst gemeint. Zumal unser Landesvorsitzender mündlich nachgeschoben hat, dass Guido wie alle anderen Präsidiumsmitglieder bitte zu wählen sind und es in Hessen sowieso fast genauso viele Guido-Fans gibt wie anderswo. Davon abgesehen ist der gewöhnliche Liberale ja auch Individualist. Vorschläge des Landesverbandes sind da mal, ich drücke mich mal so aus, etwas was wir in unserem Geiste bei unserer Abwägungsentscheidung positiv miterwägen und in unserem Herzen bewegen.

Das erstaunliche für mich aber ist immer noch die die gelbe Markierung über einem Namen: Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Das ist zwar in der Südschinenlogik keine Überraschung. Denn Bayern ist unumstritten ein Land des Südens. Zudem gehört sie mit Jörg-Uwe als bayrische Landesvorsitzende auch zu den Wahlgewinnern. Und selbst Hans-Joachim Otto, sicher kein "Freiburger", wie die Bürgerrechtler um Schnarri sich bezeichnen, nannte sie - fast emphatisch - im Bezirksvorstand eine "geschätzte Kollegin" und "wohl eine der fleißigsten Bundestagsabgeordneten". Trotzdem ist dieser virtuelle Marker eine kleine Sensation. Auch weil die hessischen Delegierten ihn nicht einmal kritisch kommentierten.

Es dürfte rund 10 Jahre her sein. Da forderten die hessischen Großkopferten, ich schreibe jetzt nicht, wer die Scharfmacher waren, "Schnarre" (Kritikerjargon) doch bitte schön nicht zu wählen. Bei einer offenen Probeabstimmung unter den hessischen Bundesdelegierten "trauten" sich gerade mal 2 Delegierte - ich war dabei... - zuzugeben, dass sie die liberale Bürgerrechtsikone wählen werden. Als ich danach beim geheimen Wahlgang bei den Hessen stand, sah das dann freilich schon ein wenig anders aus. Allein in meiner näheren Umgebung raunten sich mehrere zu, doch Schnarri zu kreuzen - eigentlich damals ein echtes No Go in Hessen.

Schnarri war seinerzeit sowas wie die Führerin des Reich des Bösen im Liberalismus - für die hessische FDP. Hatte ich noch recht junger Liberaler bei ihrem Rücktritt als Ministerin wegen ihrer Niederlage beim Mitgliederentscheid zum Lauschangriff auf meinen Anrufbeantworter "Sie ist weg. Und ich bin so allein, allein" (fanta4) gespielt, war dieser Tag für einen Großteil der Hessen- Liberalen, ein Tag zum blau-gelb unterstreichen. In so genannten "kleinen Wanzenbaletts" (das "große" bestand aus Schnarri und van Essen) waren zuvor ein FDP-Justizpolitiker namens Jörg-Uwe Hahn und der Autor dieses Artikels durch Hessen gereist und hatten streitig über den Lauschangriff podiumsdiskutiert. Ich war nicht etwa deshalb der Counterpart Jörg-Uwes, weil ich eine so bedeutende Stellung im Hessischen Landesverband innegehabt hätte oder gar ein profilierter Justizpolitiker gewesen wäre. Ich war einfach der einzige D-Promi, der diese exotische Position vertrat. A-, B- oder C-Promis fielen bei dem Thema in Hessen auf Schnarris Seite aus.

Nun hat der Bundesparteitag zum zweiten Mal in 5 Jahren einen Antrag beschlossen, der sich gegen den Großen Lauschangriff ausspricht - sogar mit deutlicher Mehrheit. Ich bin nun der Meinung, dass dieses damals von den Befürwortern als "elektronische Raumüberwachung Schwerstkrimineller" bezeichnete Instrument trotzdem auch von der FDP wohl nicht mehr abgeschafft werden wird. Und ich weiß auch nicht, ob das wirklich nötig ist. Ich gebe aber zu: Es ist eine klammheimliche Freude, wenn der Bundesparteitag "die Abschaffung des Lauschangriffs" beschließt. Ich bin nicht mehr allein! Nicht einmal in Hessen. Ein Tag zum gelb unterstreichen.

2 Kommentare:

  1. Allein? Du warst es nie, Oliver!

    Es gab uns immer, auch in Rheinland-Pfalz!

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  2. Ich sehe das auch so - "allein" warst Du nicht! Es gibt einige, die in der FDP für die Erhalt oder Stärkung der Bürgerrechte sind.
    Jetzt gibt es Medien, mit denen auch "das kleine FDP-Mitglied seine "Position" öffentlich kund tun kann :-)

    Gruss

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