Montag, 22. März 2010

Zwischenruf: Die große Verschwörungstheorie

Ich habe mich seinerzeit über den strategischen Fehler geärgert, die Steuerreform gleichsam mit einer der Senkung des Mehrwertsteuersatzes für Hotels zu beginnen. Es ist doch offensichtlich, dass bei jedem Schließen eines Steuerschlupflochs die Betroffenen mit dem Verweis auf vermeintliche Subventionierung von Hotels kontern werden. Inhaltlich spricht das ein oder andere dafür. Vieles aber auch dagegen. Perfide bleibt für mich - auch Monate danach - die nicht nur von der Politik, sondern auch von den Medien kritiklos vom "Spiegel" übernommene Verknüpfung dieser Maßnahme mit der Spende des Baron Finck über seine "Substantia AG".

Ich bin der festen Überzeugung, dass der Mann, zu dessen umfassenden Vermögensbeteiligungen auch aus seiner Sicht lächerliche 14 Hotels gehören, bei seiner Spende überhaupt nicht auf die Idee kam, die FDP könnte vielleicht mal was für die Hotels tun. Der Mann wollte schlicht den Politikwechsel erkaufen und der FDP einen teuren Wahlkampf ermöglichen. Das muss man nicht sympathisch finden, machen aber nicht nur Anhänger bourgoiser Parteien. Das dahinter stehende Phänomen finden wohl zudem die Schatzmeister aller Parteien sympathisch, die der Grünen, der SPD und der Linken ganz besonders, denn die bekommen relativ weniger Spenden und freuen sich daher über ihre wenigen ganz besonders.

Dass politische Parteien der Konkurrenz sich an die Spitze der Heuchler stellen, gehört wahrscheinlich zum politischen Geschäft. Mich ärgert aber, dass auch bei vielen Medien der Versuch jeder kritischen Reflexion unterbleibt. Bis heute.

2 Beispiele:

  • Da findet sich in einer DPA (!!!!)-Grafik hinter dem Namen "Substantia AG" der Klammerbegriff "(Hotelspende)". Selbstverständlich ist die Aufgabe von Medien, Einordnungen vorzunehmen, um das Verstehen komplexer Zusammenhänge zu erleichtern. Sie sollten aber nicht eine Form potenzieller Irreführung sein: Weder ist die Substantia AG die "Hotel-Holding" der Familie Finck noch sind Hotels überhaupt ein Schwerpunkt des Firmenportfolios. Korrekt wäre vielleicht der Klammerbegriff ("Unternehmensbeteiligungen in Mineralbrunnen,  Industrie,  Industrie, Immobilien, z.B. Hotels) gewesen.
  • vor ein paar Tagen las ich in der "Welt-online": Neue Vorwürfe kamen dagegen von der stellvertretenden Fraktionsvorsitzende der Grünen Bärbel Höhn. Sie stört sich daran, dass Westerwelle in Gesprächen mit der brasilianischen Regierung für die Erweiterung des Atomkraftwerks Angra dos Reis warb. „Das riecht wieder nach einer Gegenleistung für eine Spende, was der FDP-Außenminister da macht. Nach den Hoteliers kommt jetzt die Atomwirtschaft“, sagte Höhn der „Berliner Zeitung“. Mag ja sein, dass Höhn das Engagement für Atomkraftwerke stört. Dieses ist aber nun mal FDP-Programmatik. Die Grünen haben in den letzten Jahren mehrere 100.000 Euro von der "Öko-Energie"-Lobby er halten. Sind die Grünen käuflich?
Übrigens hat auch die FDP Gelder von dieser Lobby erhalten. Ich warte schon auf die Pressemitteilung der Grünen: >>Bundesregierung fördert weiter "Öko-Energien". FDP offenbar käuflich.<<

Geld erklärt vielleicht vieles. Geld ist aber auch nichts alles. Die ganz große Verschwörungstheorie wird auch nicht wahrer, wenn sie viele Medien wiedergeben.

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