Freitag, 16. Januar 2009

„Pyrrhussieg“ für Fraport, Ohrfeige für Koch!

Weil es für die Stadt von besonderere Bedeutung ist, hier eine Pressemitteilung unseres liberalen Flughafen-Dezernenten:

Einen „Pyrrhussieg“ hat Fraport nach Auffassung von Offenbachs Stadtrat Paul-Gerhard Weiß vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel erzielt. Zwar wurden die Eilanträge der Kommunen abgelehnt, zugleich habe der VGH in seiner Entscheidung zur Zulassung des Sofortvollzugs für den Bau der Landebahn Nordwest die zugelassenen 17 planmäßigen Flüge in der Zeit 23 bis 5 Uhr und die für die gesamte Nacht zugelassenen durchschnittlich 150 Flugbewegungen als voraussichtlich nicht vereinbar mit den Schutzzielen des Luftverkehrsgesetzes und den Planungsannahmen des Landesentwicklungsplans bezeichnet.

Der VGH stelle fest, dass dem Verbot planmäßiger Flüge in der Nacht von 23 Uhr bis 5 Uhr als Ergebnis des Mediationsverfahrens ein so erhebliches Gewicht beigemessen wird, dass daraus eine Abwägungsdirektive folgt, die der Planfeststellungsbehörde kaum einen Spielraum für die Zulassung planmäßiger Flüge in der so genannten Mediationsnacht zulässt. Nur mit dieser Einschränkung könne eine weitere Steigerung der gewaltigen Lärmbelastung, der eine riesige Anzahl von Menschen in der Umgebung des Flughafens schon jetzt ausgesetzt ist, zugelassen werden. „Das ist das genaue Gegenteil dessen, was die planfeststellende Behörde und Fraport zu diesem Thema erklärt haben“.

Der in Offenbach für die Klageverfahren gegen den Flughafenausbau zuständige Stadtrat sieht zumindest in diesem Punkt die Bemühungen der Stadt Offenbach vor unzumutbarem Fluglärm bestätigt. Bestätigt sieht sich Weiß auch darin, dass der VGH-Kassel erhebliche Beeinträchtigungen der Oberzentrumsfunktion Offenbachs feststelle. „Leider – so Weiß – hat diese Erkenntnis beim VGH nicht dazu geführt, den Sofortvollzug aufzuheben und den Flughafenausbau bis zur Entscheidung in der Hauptsache auszusetzen.“ Während sich der VGH in diesem Eilverfahren kritisch mit den Nachflugregelungen des Planfeststellungsbeschlusses auseinandersetze – so Weiß – leide die Beurteilung des VGH zum Thema „nachhaltige Störung kommunaler Planungshoheit“ und „Selbstverwaltung“ an einer eindeutigen Fehlbewertung der Stadt Offenbach als Träger öffentlicher Belange.

Weiß: „Dass die Entscheidung zugunsten der Erweiterung des Flughafens und die damit zwangsläufig verbundene Zurücksetzung der entgegenstehenden Lärmschutzbelange in den Kernbereich der planerischen Gestaltungsfreiheit fällt und einer uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle entzogen sein soll, wie der VGH schreibt, halten auch unsere Juristen für eine seltsame Rechtsauffassung. Die damit verbundene Einschränkung der kommunalen Planungshoheit werden wir weiterhin beklagen.“

Zwar bestätige der VGH, dass schutzbedürftige Einrichtungen (Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser, etc.) durch den Ausbau stark betroffen seien meine aber, dass diese Betroffenheit nicht zur Einschränkung der Wohnnutzungen in den betroffenen Kommunen führe. Hier – so Weiß – wird eine weitere Aufgabe im Hauptsacheverfahren auf uns zukommen. Wir müssen deutlich machen, dass Wohnnutzungen ohne wohnortnahe soziale und schulische Infrastruktur nicht zukunftsfähig sind. „Wie gehen nach wie vor – so Weiß – von der Unvereinbarkeit der Nordwestbahn und dem Oberzentrum Offenbach aus.“ Wenn Fraport nun mit dem Bau beginne, ohne dass es derzeit dafür einen zwingenden Grund gebe, baue Fraport auf eigenes Risiko. Noch sei die Planfeststellung nicht rechtskräftig.

Mehr Infos: Vorschläge der Stad Offenbach zum aktiven Schallschutz

Immerhin äußerte sich auch die Landes-FDP für ein Nachtflugverbot: "Der Ausbau kann beginnen und durch die gerichtliche Entscheidung bekommt die Nachtruhe einen höheren Stellenwert", so Dieter Posch. Nachdem die Offenbacher Liberalen mit der Flughafenposition der Landespartei nicht einverstanden sein konnten, ist doch schön zu sehen, dass die Landespartei, was Nachtflugverbot und aktiven Lärmschutz betrifft nun in unsere Richtung denkt.

Das Flughafenurteil ist m.E. interessant, da es das Gegenteil von dem beinhaltet, was Roland Koch seit einem Jahr sagt. Hat Koch den Eindruck erweckt als sei ein durchlöchertes Nachtflugverbot erforderlich, damit die Planfeststellung gerichtsfest ist, sagt das Gericht nun das Gegenteil. Nur bei einem strikten Nachtflugverbot ist offenbar ein Ausbau denkbar. Dies ist eine persönliche Ohrfeige für die einseitig an den Interessen der Fluggesellschaften und der Fraport orientierte Sichtweise des Ministerpräsidenten, meint FDP-Fraktionsvorsitzender Oliver Stirböck. Das Gericht verlangt ein absolutes Nachtflugverbot für den gesamten Airport während der "Mediationsnacht" von 23 bis 5 Uhr und weitergehende Verkehrbeschränkungen für die gesetzlichen Nacht (22 bis 6 Uhr), da die enorme Zusatzbelastung am Tage durch Ruhe in der Nacht kompensiert werden müsse. Die drastischen Beschränkungen zeigen, dass die Ausbauvariante auch nach Ansicht des Gerichtes an der Grenze der Zumutbarkeit laviert. Es gibt weit bessere Alternativen, um den Zuwachs im Flugverkehr zu organisieren!

Update:
FR-Artikel

1 Kommentar:

  1. Die Fraport scheint mir aber auch ständig an allen Ecken und Enden in solche Auseinandersetzungen verwickelt zu sein. Es ist aber natürlich schwer für so ein Unternehmen, wenn jegliche Expansion irgendwie mit EInschränkungen für irgendwelche Anwohner einhergeht.

    AntwortenLöschen